50% Erbschaftsteuer auf Nachlässe über 50 Millionen?
Alljährlich findet an der Kanti Solothurn das „Jugend debattiert“ statt, ein Turnier, in dem sich verschiedene Schüler und Schülerinnen in ihren Fähigkeiten im Debattieren messen. Dabei müssen die Teilnehmerinnen für oder gegen ein willkürlich zugewiesenes Thema argumentieren. Es geht nicht nur um gute Argumentation, die Teilnehmer müssen auch eine mehrdimensionale Sicht der Welt entwickeln, sich in verschiedene Personen und Parteien hineinversetzen und ein tiefes politisches Verständnis zeigen. Die Debattierenden dürfen dazu keine schriftlichen Unterlagen mitbringen – nur die Notizen während der Debatte sind erlaubt. Das fordert von den Teilnehmenden spontane Antworten sowie ein tiefes Verständnis des Themas.
In diesem Jahr massen sich fünf Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule Solothurn in der Finalrunde. Diese besondere Zahl kommt dadurch zustande, dass zwei Personen in der Vorrunde gleichauf auf dem vierten Platz gelandet sind und sich damit beide fürs Finale qualifiziert hatten. So mussten die beiden Befürworter gegen drei Gegner antreten und so die Juso Initiative „Für eine Zukunft“ unterstützen. Diese Initiative, die von den Solothurner Jungsozialisten lanciert wurde und eine Erbschafts- und Schenkungssteuer von fünfzig Prozent auf Beträge über fünfzig Millionen vorsieht, die zur sozialgerechten Bekämpfung der Klimakrise verwendet werden sollen, schafft es sogar bis an die Schweizer Wahlurne. Am 30. November stimmt das Volk darüber ab. Die Pro-Seite konnte durch die grundsätzliche ethische Befürwortung, die mehr Gleichberechtigung als grundsätzlich unumstrittenes Ideal betrachtet, profitieren. Auch beeindruckten die Befürworter mit den Zahlen der unglaublichen Vermögensungleichheit in der Schweiz und konnten so ihren grundsätzlichen Standpunkt festigen.
Diese Position konnten die Gegner aber dank der scheinbar willkürlichen fünfzig Prozent und Millionen Marke, zu der auch die hiesige Pro-Seite keine genaue Erklärung liefern konnte, einfach umstossen. Trotzdem konnten die Befürworter die Initiative weiterhin verteidigen und dabei gerade durch Vergleiche mit anderen Ländern die angedrohte Abwanderung der Reichen widerlegen. Zudem schien auch dieses, vom 4.3 Milliarden schweren Peter Spuhler, der mit der Abwanderung von zahlreichen Superreichen aus der Schweiz drohte, gestützte Argument gerade unglaubwürdig. Doch die Angst vor einem Wegzug der Reichen und einem damit verbundenen abschliessenden Verlust für die Staatskasse bleibt.
„Und dann soll man den schönen Ferrari halbieren, oder wie?“
– Boris Kunz
Die Contra-Seite aber konnte ihre Position besonders dadurch untermauern, dass eine solche hohe Erbschaftssteuer die Erben zum Verkauf des Vermögens nötigen würde, um damit die hohe Steuerschuld begleichen zu können. So müssten Unternehmer etwa ihre Familienbetriebe aufgeben und würden ihre Mehrheitsbeteiligung an Aktiengesellschaften verlieren. Boris Kunz fügte ironisch an: „Dann soll man den schönen Ferrari halbieren?“ Derweil konnte die Pro-Seite durch ruhige und sachliche Überzeugung punkten. Gerade die ungleiche Vermögensverteilung kam erneut ins Gespräch. Geschickt konterte Luca Sommer und erklärte, wenn Mark Zuckerberg beispielsweise 0.011 Prozent seines Vermögens für den Klimaschutz spendet – dann sei das zwar ein vergleichsweise grosser Betrag, doch für die Superreichen wie die Kollekte in der Kirche.
„Mark Zuckerberg spendet 0.011 Prozent seines Vermögens für den Klimaschutz – das ist zwar viel Geld – doch für Superreiche wie die Kollekte in der Kirche.“
– Luca Sommer
Nach der fünfzehnminütigen freien Gesprächsphase wurden die Debattierenden noch ein letztes Mal gefordert. Sie mussten kurzum ein Schlussplädoyer halten, um ihre Argumentation nochmals zu untermauern und die Debatte mit treffenden Worten zu schliessen. Eine vierköpfige Jury beriet dann über den Gewinner. Durchsetzen konnte sich Andrin Karner und landete auf dem ersten Platz. Er konnte durch sein bestimmtes, aber dennoch besonnenes Auftreten sowie gute Argumentation überzeugen. Er wird nun am Regionalen Finale von „Jugend debattiert“ in Bern neben Clara Sommer, der Gewinnerin in der Kategorie Sek P, für die Kanti Solothurn antreten.